Beurkundeter Vertrag-Beweis für Vertragsinhalt
Der notarielle Kaufvertrag gilt als Beweis, für die Vollständigkeit und Richtigkeit der im Kaufvertrag enthaltenen Regelungen, § 415 Abs. 1 Zivilprozessordnung. Beruft sich eine Vertragspartei auf eine nicht im Vertrag aufgenommene Regelung, muss sie den Beweis dafür erbringen. Der dem Vertrag vorangegangene Entwurf ist hierzu kaum geeignet, so entschied der BGH mit Urteil vom 10.06.2016 – V ZR 295/14. Der Kläger verlangte Schadensersatz über 24.802,05 € weil die Fläche einer verkauften Halle 100 m²geringer als erwartet war und außerdem eine Einbauküche im Gebäude fehlte. Im Kaufvertrag lautete es hierzu „das Grundstück ist mit einer Halle bebaut, diese mit einer Fläche von 640 m².“ Und außerdem „mit den Einrichtungsgegenständen …“. Zunächst hatten die ersten beiden Instanzen die Klage trotz dieser eindeutigen Aussagen im Kaufvertrag abgewiesen, weil im vorangegangen Vertragsentwurf der übliche allgemeine Haftungsausschluss ohne diese Klauseln enthalten war. Unter Begründung mit der Heranziehung des Entwurfs (in dem diese Klausel noch nicht enthalten waren) ging das Berufungsgericht davon aus, dass der im beurkundeten Vertrag enthaltene Passus mit Flächenangabe bzw. der Bezugnahme auf die Einrichtungsgegenstände nicht gewollt sei (!). Dies hob der BGH im Urteil vom 10.06.2016 – V ZR 295/14 auf und betonte die Geltung des schließlich beurkundeten Kaufvertrags, zu dessen Widerlegung die vorangegangenen und im Wege der Verhandlungen verworfenen Entwürfe nicht maßgeblich herangezogen werden könnten. Es sei der übliche Gang von Verhandlungen, dass Entwürfe durch einen später ausgehandelten Vertrag abgeändert werden und der beurkundete Vertrag als Ergebnis der Verhandlungen entscheidend sei.
Tipp:
Einzelne Vertragsentwürfe können den Verlauf der Verhandlung wiedergeben, insbesondere die Hintergründe, aus denen eine Klausel neu eingefügt wurde. In Einzelfällen kann hiermit eine behauptete Überrumpelung oder Täuschung einer Vertragspartei widerlegt werden. Maßgeblich bleibt aber selbstverständlich der notariell beurkundete Vertrag.